Wirken nach dem zweiten Weltkrieg

Nach dem Zusammenbruch des Hitler-Staates stand Meiser vor vielen großen Aufgaben. Zunächst galt es, die nach Bayern eingeströmten, aus ihrer Heimat in Ostpreußen, Pommern oder Schlesien vertriebenen 700.000 evangelischen Christen auch kirchlich zu integrieren. In den evangelischen Diasporagebieten vor allem Ostbayerns entstanden in kurzer Zeit viele neue Gemeinden, die die Errichtung zahlreicher Kirchen, Pfarr- und Gemeindehäuser notwendig machten. War 1939 die Bevölkerung Bayerns zu 24,86 % evangelisch, so war sie es 1950 zu 26,53 %. Unter den Vertriebenen befand sich auch eine große Anzahl von Pfarrern, die in den Dienst der Landeskirche aufgenommen wurden. Hand in Hand damit ging der Ausbau der kirchlichen Organisation durch die Bildung neuer Dekanate und Pfarreien.

In dieser Zeit trug das von den beiden Großkirchen während des „Dritten Reiches“ gemeinsam erlittene Leid für ihr ökumenisches Verhältnis seine Früchte. Meiser stellte 285 evangelische Kirchen für die Gottesdienste katholischer Flüchtlingsgemeinden zur Verfügung; dafür durften die evangelischen Heimatvertriebenen ihre Gottesdienste in 648 katholischen Kirchen oder Kapellen abhalten. Für die Beziehungen zwischen den beiden Kirchen war dies, besonders auf der Basisebene der Kirchengemeinden, außerordentlich förderlich.

Die neu entstandenen Gemeinden erfuhren auch die seelsorgerliche Zuwendung ihres Bischofs. Er besuchte die Notunterkünfte der Heimatvertriebenen in der Diaspora auf vielen Reisen nach Unterfranken, Ober- und Niederbayern sowie in die Oberpfalz.

Darüber hinaus gründete Meiser das „Evangelische Hilfswerk für Internierte und Kriegsgefangene“, dessen Leitung er Bischof Theodor Heckel, der vorher im Kirchlichen Außenamt der Deutschen Evangelischen Kirche tätig war, übertrug.

Auch der äußere Wiederaufbau erforderte viel Kraft und Umsicht der Kirchenleitung. Zahlreiche zerstörte Gotteshäuser und andere kirchliche Gebäude mussten wieder aufgebaut oder instand gesetzt werden, z.B. die St. Lorenzkirche in Nürnberg. Sehr bewegt hat Meiser, dass er 1955, schon im Ruhestand befindlich, die neu errichtete Matthäuskirche am Sendlinger-Tor-Platz in München, welche den Ersatz für die 1938 von den Nationalsozialisten willkürlich abgebrochene Matthäuskirche in der Sonnenstraße darstellte, einweihen durfte.

Besonders kennzeichnend für seine vielfältige Aktivität ist die Errichtung zahlreicher Institutionen, die für das neu erstandene Leben der Landeskirche notwendig waren. Für die aus dem Kriegsdienst oder der Gefangenschaft zurückkehrenden Geistlichen und Kandidaten gründete er 1946 ein Pastoralkolleg in Neuendettelsau. 1947 ließ er dort eine vom Bayerischen Staat unabhängige kirchliche theologische Hochschule, „Augustana“ genannt, folgen. In klarer Erkenntnis, dass die „neue Zeit“ eine Fülle von Glaubensfragen und -problemen mit sich bringen würde, schuf er durch den Kauf eines Schlosses am Starnberger See die „Evangelische Akademie Tutzing“, die aus dem dortigen Freizeitenheim hervorging und zum Forum zahlreicher Tagungen mit Themen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst und anderen gesellschaftlichen Bereichen wurde. Sachentsprechend wurde für die ländliche Bevölkerung eine Volkshochschule auf dem Hesselberg in Mittelfranken geschaffen, aus der gleiche Einrichtungen in Bad Alexandersbad und Pappenheim hervorgingen.

Für den pädagogischen Bereich des Kirchenwesens entstand das Katechetische Amt in Heilsbronn, die „Hochschule und das Institut für evang. Kirchenmusik in der evang.-luth. Kirche in Bayern“ in Bayreuth, gleichfalls das dortige neue Predigerseminar, das später durch die Predigerseminare in München und Neuendettelsau ergänzt wurde. Von großer Bedeutung war auch die Errichtung des Evangelischen Pressedienstes sowie des Claudius-Verlages in München.

Für Meiser gab es jedoch noch einen anderen Wirkungsbereich, der ihm am Herzen lag: die Gestaltung des evangelischen und insbesondere lutherischen Kirchenwesens im In- und Ausland. So beteiligte er sich an der Schaffung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die einen Kirchenbund aus den lutherischen, unierten und reformierten Kirchen Deutschland darstellte. Im Lande der Reformation sollte jedoch das Luthertum besonders zur Geltung kommen. Die bayerische Landeskirche war theologisch durch Wilhelm Löhe, die theologische Fakultät der Universität Erlangen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die bischöfliche Gestalt des Oberkonsistorialpräsidenten Hermann von Bezzel (1909 – 1917) konfessionell besonders geprägt.

Hans Meiser, von ihm stark beeinflusst, war schon in den frühen Jahren seines Wirkens von dem Wunsch nach einem überregionalen, ja auch weltweiten Zusammenschluss der lutherischen Kirchen erfüllt. Er erhoffte sich davon eine größere Effizienz des reformatorischen Christentums. Schon im Mai 1933 hatte er zur Anbahnung einer einheitlichen deutschen evangelischen Kirche in Würzburg einen engen Zusammenschluss aller deutschen lutherischen Kirchen angeregt und erreicht. 1936 wurde in Leipzig der „Rat der Evangelisch-Lutherischen Kirchen Deutschlands“ gegründet, aus dem nach dem II. Weltkrieg die „Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands“ (VELKD) hervorging. Am 18.7.1948 wurde ihre Verfassung durch die verfassungsgebende Generalsynode in Eisenach angenommen. Meiser wurde ihr erster Leitender Bischof. Ihr gehörten die Gliedkirchen in Bayern, Braunschweig, Hannover, Mecklenburg, Sachsen, Schaumburg-Lippe und Thüringen sowie die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche an.

Maßgebend beteiligt war Meiser auch an der Gründung des „Lutherischen Weltbundes“ 1947 in Lund/Schweden. Dieser zählt heute 131 Mitgliedskirchen in allen Weltteilen mit 59,5 Millionen Mitgliedern (Lutherische Christen in der Welt insgesamt, d.h. einschließlich der nicht dem Lutherischen Weltbund Angehörenden, 63 Millionen). Am 1. Mai 1955 trat Meiser in den Ruhestand, am 8.6.1956 starb er in München.