Beziehung zu Martin Niemöller

Für die Auseinandersetzung mit Martin Niemöller war nicht nur Meisers Kirchenverständnis, sondern auch seine Staatsauffassung von wesentlicher Bedeutung. Die lutherische Tradition sah in einem Staatswesen, gleich welcher Art, ein Instrument Gottes zur Regelung der menschlichen Gemeinschaft in einem Volk. Loyalität gegenüber der staatlichen Macht war Meiser aus Verantwortung für die Gemeinschaft, in der er lebte, Gewissenspflicht, solange die Regierung nicht gegen Gottes Willen handelte. Im Kirchenkampf des „Dritten Reiches“ gehörte er zu dem Flügel der Opposition, der um der Kirche (und um des Volkes) willen um einen Ausgleich mit den Machthabern bemüht war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Widerstand konzeptionell zunächst sozusagen innerkirchlich der vom Nationalsozialismus beeinflussten Bewegung der „Deutschen Christen“ (DC) galt, sich aber naturgemäß dann doch auch als Opposition gegen den Staat darstellte, auch wenn eine politische Auseinandersetzung von vorneherein nicht beabsichtigt war. Eine der vielen deutsch-christlich-staatlichen Reaktionen bekam er durch die Verhängung des Hausarrestes vom 12.-26. Oktober 1934 zu spüren.

Pfarrer Martin Niemöller, geb. am 14.1.1892 in Lippstadt/Westfalen, war Sohn des lutherischen Pfarrers Heinrich Niemöller. Seine Mutter Paula stammte aus einer Kaufmannsfamilie mit hugenottischen Vorfahren. Martin Niemöller wuchs, wie übrigens auch Meiser, in einem Klima des Gegensatzes zwischen evangelischer und katholischer Kirche auf. Da dieser Landesteil von Westfalen lange Zeit auch politisch dem Erzbistum Köln zugehörte, war das Entstehen oppositionellen Empfindens bei der evangelischen Bevölkerung begünstigt. Die Vorfahren Niemöllers gehörten der reformierten Kirche an, deren Glieder ein mehr distanziertes Verhältnis zum Staat hatten. Er selbst hielt die Reformation des 16. Jahrhunderts hoch und zählte sie zu den Grundlagen des deutschen Staates. Auch in seiner Familie herrschte eine lebendige Frömmigkeit, die in Jesus Christus ihren Freund, Lehrer und Beschützer sah. Wie Meiser hatte auch Niemöller ein großes Interesse an sozialen Fragen. Beide Männer waren jahrelang hauptamtlich leitend in der Inneren Mission ihrer Landeskirchen tätig.

Niemöller verband mit seiner Intelligenz (Bester seines Abiturjahrgangs) ein zielbewusstes und unbeugsames Wesen. Diese Eigenschaften sollten später in den Auseinandersetzungen des Kirchenkampfes von besonderer Bedeutung werden. Als U-Boot-Kommandant im I. Weltkrieg lernte er Menschen zu führen. Auch war ihm eine gewisse Respektlosigkeit Vorgesetzten gegenüber zu eigen, was zutage trat, als er am Ende des I. Weltkrieges sich weigerte, sein Boot der englischen Feindmacht auszuliefern. Noch während des Krieges hatte er sich entschlossen, Pfarrer zu werden. Als er bei Kriegsende seinen Abschied als Offizier einreichte, wurde ihm dies von seinen Kameraden als Vaterlandsverrat ausgelegt.

Die Weimarer Republik war wie für viele andere Deutsche auch für ihn ein ungeliebter Staat. Groß war seine Erbitterung über die Demütigung Deutschlands durch die Siegermächte von 1918. Die Unterzeichner des Versailler Friedensvertrages verachtete er. In der Demokratie sah er ein das Volk zersetzendes Element und sehnte sich nach einer Führung, die die Einheit der Deutschen wieder herstellen konnte. Dies schien ihm am besten die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei zu gewährleisten. Darum wählte er sie seit 1924.

Wie Meiser, der am Tag der „Machtübernahme“ am 30.1.1933 seiner Familie bedeutete: „Das gibt Krieg“, erkannte auch Niemöller bald, dass diese Partei Kirche und Volk in den Abgrund führen würde und wandte sich scharf gegen sie. Der konsequente Widerstand führte 1938 zu seiner Verbringung in das Konzentrationslager Sachsenhausen und später in das KZ Dachau.

Beiden, Meiser wie Niemöller, war die Frontstellung gegen den Bolschewismus gemeinsam. Meiser hatte die Kirchenfeindlichkeit dieser politischen Macht am eigenen Leib erlebt, als er am 27.4.1919 von Unterführern der Räterepublik in München als Geisel verhaftet wurde. Durch den Bittgang einer Gemeindehelferin konnte seine Befreiung erreicht werden, während die übrigen Gefangenen hingerichtet wurden. Niemöller begab sich nach dem Ausbruch des Kapp-Putsches zur Akademischen Wehr in Münster, um ihr beim eventuellen Ausbruch von Unruhen aktive Hilfe leisten zu können. In seinem Buch „Vom U-Boot zur Kanzel“ berichtet er, dass er dort als „Befreier aus der Hölle des Bolschewismus“ gefeiert wurde. Man möchte meinen, die mehrfachen Gemeinsamkeiten der beiden Männer hätten eine dauerhafte fruchtbare Zusammenarbeit im Kirchenkampf ermöglichen können.

Streckenweise war dies tatsächlich der Fall. Aber aus Ganze gesehen überwogen doch die theologischen Unterschiede und die Einbindung in teilweise konträre Flügel der Bekennenden Kirche.

Im Rahmen dieses Überblicks können nur wenige, aber besonders wichtige Ereignisse aus der Zeit des Kirchenkampfes erwähnt werden, an denen Niemöller und Meiser beteiligt waren. Beide gehörten neben vielen anderen Theologen und Nichttheologen dieser Zeit zu den herausragenden Gestalten im Kirchenkampf. Niemöller wurde zu zahlreichen Besprechungen der Kirchenführer als Sprecher der Gegner der Deutschen Christen in der Altpreußischen Union in Berlin hinzugezogen. In dieser Eigenschaft gehörte er verschiedenen Leitungsgremien der 1933 entstandenen „Deutschen Evangelischen Kirche“ an, so vor allem dem auf der 1. Bekenntnissynode dieser Kirche in Barmen-Gemarke (29.-31.5.1934) gebildeten Reichsbruderrat: Auch Einzelgespräche fanden zu dieser Zeit zwischen den beiden Männern statt, wobei ein gutes Klima herrschte. Meiser dankte z.B. Niemöller am 22.1.1934 für eine Kundgebung mit 184 Pfarrern aus dem Minden-Ravensburger Land mit den Worten: „Ihre Kundgebung bedeutet mir eine willkommene Stärkung in dem zähen, heißen Kampf.“

Doch schon bald gab es auch Differenzen, z.B. bei der Wahl des Reichsbischofs im Jahr 1933. Während Niemöller für Bodelschwingh stimmte, votierte Meiser für Ludwig Müller, den von den Deutschen Christen und auch von Hitler protegierten Kandidaten.

Ein erster Höhepunkt im Kirchenkampf, bei dem Meiser und Niemöller völlig konform handelten, war die sogenannte Sportpalast-Kundgebung der Deutschen Christen am 13.11.1933 in Berlin. Dort forderte der Gauobmann der DC für den Gau Groß-Berlin, Dr. Krause, die Entfernung des Alten Testamentes aus der Bibel wegen seiner „jüdischen Lohnmoral“ und seiner „Viehhändler- und Zuhältergeschichten“. Auch sollte die „Minderwertigkeitstheologie des Rabbiners Paulus“ beseitigt sowie die übermäßige Betonung des Kreuztodes Jesu vermieden werden. Eine entsprechende Erklärung Dr. Krauses wurde von den 20.000 Anwesenden mit einer Gegenstimme angenommen. Schon am nächsten Tag protestierte Meiser auf einer Lutherfeier des Evangelischen Bundes in Gegenwart des bayerischen Ministerpäsidenten Siebert energisch gegen diese Kundgebung und wies das Angebot einer Konföderation, das ihm der Reichsleiter der Glaubensbewegung Deutsche Christen, Pfarrer Hossenfelder, machte, entrüstet zurück. Ebenfalls einen Tag nach der Veranstaltung im Sportpalast protestierte Martin Niemöller mit seinem Bruder Wilhelm bei Reichsbischof Ludwig Müller. Schon am nächsten Tag wurde Krause aus allen seinen kirchlichen Ämtern entfernt.

Bald danach erlitt diese Gemeinsamkeit von Meiser und Niemöller freilich wieder einen Riss. Am 4.1.1934 erließ Müller den sogenannten „Maulkorberlass“. Darin verbot er alle öffentlichen kirchenpolitischen Auseinandersetzungen in Wort und Schrift. Niemöller und der Pfarrernotbund protestierten dagegen in einer Kanzelerklärung. Bei einer Besprechung der Kirchenführer mit Reichsinnenminister Frick bat Müller von einer Verlesung dieser Erklärung abzusehen. Meiser stimmte mit anderen dieser Bitte zu. Als Niemöller davon erfuhr, drohte er mit der Auflösung des Bündnisses zwischen dem Pfarrernotbund und den nicht deutsch-christlichen Kirchenleitern. Meiser und der hannoversche Landesbischof Marahrens forderten sofort eine Aussprache mit Niemöller. Als Ergebnis stellte Meiser fest: „Der Riss ist so ziemlich geheilt.“

Der nächste Anlass zur Auseinandersetzung ergab sich anlässlich der Audienz der Kirchenführer am 25.1.1934 bei Hitler, an der auch Niemöller und der preußische Ministerpräsident Hermann Göring teilnahmen. Dieser eröffnete die Zusammenkunft mit dem Bericht über ein abgehörtes Telefongespräch Martin Niemöllers. Darin hatte er Landesbischof Wurm zufolge geäußert: „Der Reichspräsident (Hindenburg) wird dem Reichskanzler die erforderlichen Weisungen für die Beilegung des Kirchenkonflikts geben. Das Innenministerium scheint uns günstig gesonnen. Hindenburg wird Hitler die letzte Ölung geben. Im allerschlimmsten Fall können wir den Sprung in eine Freikirche wagen“ (Bentley, S. 110). Hitler war wütend und bezeichnete dieses Vorgehen als „Hintertreppenpolitik“, die versuche einen Keil zwischen ihn und Hindenburg zu treiben und damit die Grundlagen des Reiches gefährde. Am Ende der Besprechung gelobten die Kirchenführer Hitler erneut die Treue. Zwei Tage später legte Müller den Bischöfen bei einer Aussprache eine Erklärung vor, in der es hieß, dass sich „alle unter dem Eindruck der großen Stunde mit dem Herrn Reichskanzler geschlossen hinter den Herrn Reichsbischof“ stellten (Roepke, S. 404). Niemöller und der Pfarrernotbund empfanden dies als Verrat. Wurm und Meiser erkannten, dass sie zu weit gegangen waren, und der bayerische Landesbischof erklärte in einem Rundschreiben an seine Pfarrer: „Wir mussten einsehen, dass wir falsch gehandelt haben und können uns nicht mehr an die damalige Erklärung gebunden betrachten.“

In einer neuerlichen Besprechung der Bischöfe mit Hitler am 13.3.1934 klagten sie wieder über den Reichsbischof. Hitler erwiderte, er könne Müller nicht entlassen, zumal sie ihn selbst gewählt hätten. Meiser entgegnete ihm darauf: „Wenn der Führer bei seinem Standpunkt bleiben will, bleibt uns nichts anderes übrig, als seine allergetreueste Opposition zu werden.“ Darauf schrie Hitler: „Was sind Sie? Allergetreueste Opposition? Feinde des Vaterlandes, Verräter des Volkes sind Sie!“ – Noch am gleichen Tag protestierten Wurm und Meiser gegen die Drangsalierung der Notbundpfarrer durch die Reichskirchenregierung.

Die wachsende Auseinandersetzung mit der Reichskirchenregierung und den Deutschen Christen veranlassten die nicht deutsch-christlichen Vertreter der Deutschen Evangelischen Kirche zur Bildung mehrerer Bekenntnissynoden. Besonders wichtig war die Synode zu Barmen-Gemarke von 29.5.-31.5.1934. Unter maßgeblicher Beteiligung des schon damals berühmten reformierten Theologen Karl Barth entstand die „Barmer Theologische Erklärung“, die in sechs Thesen ein klares Wort über die biblisch-theologische Bekenntnisgrundlage der Deutschen Evangelischen Kirche sowie eine ebenso deutliche Ablehnung der weltanschaulichen Irrtümer der Deutschen Christen aussprach. Die beiden wichtigsten Flügel der Bekennenden Kirche, die bischöflich geleiteten Landeskirchen sowie der Pfarrernotbund waren noch einmal in einer gemeinsamen Grundlage ihres Widerstandes (trotz konfessionell bedingter theologischer Unterschiede) miteinander verbunden, was sich in der Unterzeichnung des Dokuments sowohl durch Niemöller als auch durch Meiser auswies.

Diese Gemeinsamkeit zeigte sich auch noch, als die Beschöfe Wurm und Meiser im Oktober 1934 vom Reichskirchenregiment abgesetzt und durch den „Rechtswalter“ Dr. August Jäger unter Hausarrest gestellt wurden. Niemöller erklärte daraufhin: „Jetzt geht man im Bereich der Kirche selbst zur Gewaltanwendung über.“ Die Bekennende Kirche rief umgehend zur Verteidigung der beiden Bischöfe auf. In einer Kanzelerklärung verurteilte sie das Vorgehen von Müller und Jäger als einen Anschlag auf die Integrität der Kirche (Bentley, S. 135f). Niemöller hielt einen Bittgottesdienst für die verfolgten Protestanten in Württemberg. Ministerpräsident Siebert ersuchte Gauleiter Wagner um die Freilassung Meisers. Ende Oktober befahl Hitler die Enthaftung der beiden Bischöfe.

Die Kluft zwischen Meiser und Niemöller vertiefte sich jedoch bei der Vorbereitung der preußischen Synode, die die Bekennende Kirche in Berlin-Steglitz Ende September 1935 abhielt. Niemöller trat dafür ein, „die jüdische Frage“ auf die Tagesordnung zu setzen, entgegen den Warnungen aus dem Ministerium des inzwischen eingesetzten Reichskirchenministers Kerrl. Meiser äußerte hinsichtlich dieser Synode seine Bedenken, die in den Worten gipfelten: „Gegen ein selbstauferlegtes Martyrium würde ich meine Stimme erheben“ (Bentley, S. 145f).

Vollends zum Bruch kam es auf der Reichssynode, die vom 17.-22.2.1936 in Bad Oeynhausen stattfand. Als die Bischöfe Marahrens, Meiser und Wurm sich für eine Kooperation mit dem vom Staat gebildeten Reichskirchenausschuss einsetzten, rief Niemöller zusammen mit dem Professor für reformierte Theologie Martin Albertz und dem Mitglied des Berliner Bruderrates Pfarrer Hans Böhm eine zweite vorläufige Kirchenleitung aus. Die erste vorläufige Kirchenleitung löste sich durch den Rücktritt ihres Leiters Landesbischof Marahrens auf, und die lutherischen Bischöfe bildeten den Rat der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (Lutherrat) unter Vorsitz des bayerischen Oberkirchenrats Breit. Damit war die Spaltung der Bekennenden Kirche endgültig geworden.

Ungeachtet dessen schrieb Meiser noch am 15.12.1936 an Landesbischof Wurm und Oberkirchenrat Breit: „Es muss von unserer Seite alles getan werden, um die schwachen Fäden, die zwischen uns und den übrigen Kreisen der Bekennenden Kirche noch laufen, nicht gar abreißen zu lassen ( „Verantwortung für die Kirche“, Bd. 2, S. 456 Anm. 4). Im Januar 1937 gab es noch sehr unerquickliche Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Niemöller den lutherischen Bischöfen vorwarf, sie seien „aus nichts als aus Taktik zusammengesetzt“ (a.a.O S. 497).

Diese zahlten jedoch nicht mit gleicher Münze zurück. Am 1.7.1937 wurde Niemöller verhaftet, nachdem er in einer Predigt am 19.6.1937 Hitler des Wortbruches gegenüber den Kirchen bezichtigt hatte. Im August stellte sich Meiser für den zu erwartenden Prozess gegen Niemöller dessen Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Holstein, als Zeuge zur Verfügung, was dieser ablehnen musste. Für 7.2.1938 war die Hauptverhandlung angesetzt. Schon in der Vollsitzung des bayerischen Landeskirchenrates (des obersten Gremiums in der Leitung der Kirche) am 1.2.1938 waren im Blick auf die Eröffnung des Prozesses gegen Niemöller die bayerischen Geistlichen zu einer Kanzelabkündigung und der Fürbitte für Niemöller angehalten worden, für den 13.2. wurde eine Fürbitte im Allgemeinen Kirchengebet angeordnet. Am 17.2. ersuchten die lutherischen Bischöfe den Vorsitzenden des Sondergerichts II in Berlin, zum Prozess zugelassen zu werden, was jedoch vom Gericht nicht genehmigt wurde.

Nach siebenmonatiger Untersuchungshaft wurde Niemöller am 2.3.1938 zu einer Festungshaft von gleicher Dauer verurteilt, die jedoch durch die bisherige Haft als verbüßt galt, außerdem erhielt er eine Geldstrafe von 2000 Reichsmark. Beim Verlassen des Gefängnisses wurde er jedoch von zwei Gestapobeamten erneut verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen verbracht. Am 10.3.1938 protestierte Meiser in einem Schreiben an Reichsjustizminister Gürtner gegen die KZ-Haft Niemöllers, der jedoch am 11.7.1941 in das KZ Dachau überstellt wurde. Die Bemühung Meisers, ihn dort besuchen zu dürfen, wurde von der Lagerleitung abgelehnt.

Nach seiner Befreiung fand Niemöller mit seiner Familie zunächst Unterkunft im Haus eines Freundes in Leoni am Starnberger See. Meiser hat ihn dort am 16.8.1945 besucht. Dabei sprachen sie über das Verhältnis der Kirchen in der Nach-Hitler-Ära. Niemöller vertrat die Ansicht, dass für die Neugestaltung der Kirche Karl Barth unentbehrlich wäre. Meiser konterte (nach der Erinnerung Niemöllers): „Sie müssen zugeben und anerkennen, dass wir den Katholiken näher stehen als den Calvinisten“ (Bentley, S. 205). Damit waren die Gegensätze aus der Kirchenkampfzeit neu aufgebrochen.

Zur Neuordnung der Deutschen Evangelischen Kirche berief Landesbischof Wurm die Kirchenführer zu einer Konferenz vom 27.8.-30.8.1945 nach Treysa, an der u.a. auch Meiser und etwas später Niemöller teilnahmen. Die verschiedenen Flügel der Bekennenden Kirche fanden sich zusammen und gaben sich eine „Vorläufige Ordnung“ der „Evangelischen Kirche in Deutschland“, wie sie jetzt genannt wurde. Dem Vorhaben der meisten lutherischen Landeskirchen, eine selbständige „Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands“ zu bilden, widersetzte sich Wurm, weil er sein Unternehmen „Kirchliches Einigungswerk“ dadurch gefährdet sah. Meiser erhob dagegen keinen Widerspruch, obwohl einige Theologen in Bayern die Abendmahlsgemeinschaft mit den lutherischen Freikirchen nicht aufgeben wollten und eine Evangelische Kirche in Deutschland ablehnten. Die wurde unter Mitarbeit Meisers als ein Bund lutherischer, reformierter und unierter Kirchen errichtet, deren Selbständigkeit rechtlich unangetastet blieb. In den aus zwölf Personen bestehenden „Vorläufigen Rat“ wurden u.a. Niemöller und Meiser berufen. Aber sie fanden nicht mehr zusammen, obwohl beide die Stuttgarter Erklärung über die Anerkennung der Schuld der Christen in Deutschland vom 18./19.10.1945 unterzeichnet hatten.

Im Grunde hatten sie in ihrem Verhalten während des „Dritten Reiches“ das gleiche Ziel: die Evangelische Kirche Deutschlands von einer Befleckung mit den weltanschaulichen und glaubensmäßigen Irrtümern der Deutschen Christen freizuhalten bzw. gegen diese Glaubensbewegung aktiv vorzugehen. Für beide waren die Hl. Schrift und die reformatorischen Bekenntnisse unumstößliche Grundlage ihres Kampfes. Über die Wege zu diesem Ziel aber lagen die Ansichten und Verhaltensweisen beider weit auseinander. Es ging dabei nicht nur um eine innerkirchliche Fehde, sondern die Auseinandersetzungen mit den Deutschen Christen führten alsbald zur direkten Konfrontation mit dem NS-Staat und der NSDAP. Da dieses System keinen Widerspruch duldete, konnte die wie auch immer geartete Reaktion der „Bekennenden Front“ gefährlich werden. An der Frage, wie dieser Gefahr zu begegnen sei, schieden sich die Auffassungen Niemöllers und Meisers. Niemöller trat für einen unmittelbaren Widerstand ein – ohne Rücksicht auf die sich für ihn persönlich oder die ganze Kirche ergebenden Folgen. Meiser versuchte durch gelegentliche Loyalitätsbekundungen gegenüber dem Reichsbischof oder dem NS-Staat einen, wenn auch eingeschränkten Freiraum für die Aktivitäten der Kirche zu gewinnen. Die Entscheidung darüber, bei welchem Vorgehen die größere Effizienz für die Betätigung der Kirche im Sinne des Evangeliums lag, ist schwer zu treffen. Niemöllers, ihm auch von Meiser bestätigtes tapferes Verhalten, erregte Aufsehen nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt. Aber seine Berlin-Brandenburgische Landeskirche wurde von den Deutschen Christen beherrscht und gehörte damit zu den „zerstörten“ Landeskirchen wie zahlreiche andere Kirchengebiete auch. Meisers Verhalten löste Widerspruch beim bruderrätlichen Flügel der Bekennenden Kirche aus, fand aber in der eigenen Landeskirche und darüber hinaus ebenfalls weltweit Anerkennung, bildeten doch die „intakten“ Kirchen Bayern, Hannover und Württemberg eine wesentliche innere Hilfe für die bekennenden Christen in den DC-regierten Kirchen. Noch lange nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erhielt Meiser zahlreiche Dankschreiben für seine Amtsführung während des „Dritten Reiches“ aus dem In- und Ausland.