Beziehung zu Karl Steinbauer

1.) Der Eklat im Februar 1934
2.) Positive Korrespondenz
3.) Grundsätzliche Erwägungen
4.) Weitere Konflikte Steinbauers mit Meiser und dem Landeskirchenrat
5.) Auseinandersetzung um eine Gebetsliturgie
6.) Steinbauer kommt ins Konzentrationslager Sachsenhausen
7.) Nach 1945
8.) Letztes Ringen um Gemeinsamkeit
9.) Schlussbemerkung

Es geht bei diesem Überblick nicht um eine Biographie von Karl Steinbauer, sondern nur um einen Einblick in die Korrespondenz zwischen ihm und Hans Meiser sowie um Aktionen und Reaktionen bei dienstlichen Verfügungen der Kirchenleitung oder persönlichen Begegnungen der beiden Kontrahenten. Wie schon im Gegenüber zu Pfarrer Niemöller oder Baron von Pechmann ist auch dieses Verhältnis von einer tiefen Tragik geprägt. Beiden gemeinsam ist die Liebe zu Jesus Christus und der evangelisch-lutherischen Kirche. Aber sie unterscheiden sich diametral in der Auffassung, wie der Verkündigungsauftrag Jesu Christi in einem antichristlichen Staat auszurichten sei. Hier ist maßgebend, aus welcher Perspektive die Wahrnehmung dieses Auftrags erfolgt: aus der Sicht eines einzelnen Pfarrers, der es als seine Aufgabe ansieht, kompromisslos jedem Übergriff des Staates oder der NSDAP Widerstand – welcher Art auch immer – zu leisten und der durch unnachgiebigen Kampf die Zerstörung seiner Kirche herbeiführen würde oder aus dem Blickwinkel eines für eine ganze Landeskirche Verantwortlichen. So gesehen trifft die Feststellung Christian Blendingers in seinem Buch „Nur Gott und dem Gewissen verpflichtet, Karl Steinbauer – Zeuge in finsterer Zeit“ zu: „Widerstehen konnten nur Einzelne, oppositionelle Gruppen waren verboten und wurden zerschlagen“ (Blendinger, S. 14).

Karl Steinbauer schreibt mehrere bewegende Briefe an seinen Bischof. Von diesem ist nur eine längere briefliche Antwort bekannt. Darüber hinaus geht es um persönliche Begegnungen, die von Karl Steinbauer oder seiner Gattin berichtet werden. Nahezu immer werden dabei die miteinander unvereinbaren Auffassungen in Bezug auf das Verhältnis von Kirche und Staat deutlich. Natürlich wissen beide von der Verantwortung der Kirche gegenüber dem Staat. Aber in der Beurteilung, wie diese Verantwortung zu praktizieren sei, differieren sie erheblich. Auf keinen Fall aber trifft die Schablonierung der Tätigkeit beider mit den Schlagworten „Widerstand oder Anpassung“ zu.

1.) Der Eklat im Februar 1934

Der Bayerische Pfarrerverein der evangelisch-lutherischen Kirche führte am 1. Februar 1934 in Nürnberg eine große Pfarrerversammlung durch, an der etwa 700 Pfarrer teilnahmen. Dort sprach auch Meiser und berichtete über seine unglückliche Vorsprache zusammen mit den lutherischen Bischöfen Marahrens und Wurm sowie anderer Kirchenleiter bei Hitler. Dieser hatte Ludwig Müller zum Reichsbischof bestimmt. Müller war jedoch ein der nationalsozialistischen Ideologie treu ergebener sogenannter Deutscher Christ und durch verschiedene Vorgänge für die führenden Kirchenleute untragbar geworden. Als sie ihre Klage über ihn bei Hitler vorbrachten, drohte dieser ihnen im Fall eines Widerstandes den Entzug der staatlichen Zuschüsse an. Nach einer heftigen Auseinandersetzung mit dem Reichskanzler gelobten die Kirchenleiter am Ende dennoch Treue gegenüber Müller. Meiser rechtfertigte auf der Pfarrertagung in Nürnberg seine Haltung, die er übrigens sehr bald danach bedauerte, mit dem Hinweis darauf, dass es in dem Gespräch bei Hitler um den vermutlich letzten Versuch ging, die Kirche (vor einer eventuellen Zerschlagung) als Volkskirche zu erhalten. Dies wurde von der großen Mehrheit der Pfarrer akzeptiert. Während der Diskussion meldete sich Pfarrer Steinbauer mit einer äußerst scharfen Kritik am Verhalten Meisers. Da ihm dabei das Wort entzogen wurde, schrieb er am 4.2.1934 an Meiser einen Brief, in dem er ihm wegen der Unterwerfung unter Reichsbischof Müller Verrat am Bekenntnis, an der Kirche und am Pfarrernotbund vorwarf. Dieser war im September 1933 von Pfarrer Martin Niemöller gegründet worden und lehnte Müller von Anfang an ab. Der Bayerische Landeskirchenrat reagierte auf Steinbauers Äußerungen (er hatte auf der Pfarrerversammlung auch von Erpressung der Kirchenführer durch Hitler gesprochen) mit seiner Suspendierung vom Dienst als exponierter Vikar in der Kirchengemeinde Penzberg, die jedoch kurz darauf wieder zurückgenommen wurde. Für Steinbauer waren diese Vorgänge eine grundlegende Erfahrung, die sein Verhältnis zu Meiser und zum Landeskirchenrat für alle Zeit bestimmte. Meiser wiederum fühlte sich durch die Vorwürfe Steinbauers zuinnerst getroffen.

2.) Positive Korrespondenz

Dennoch bemühten sich beide Seiten, bei allen sachlichen Gegensätzen die persönliche Achtung voreinander zu bewahren. Am 29.11.1935 stiftete der Landesbischof mit den entsprechenden Segenswünschen eine Altarbibel für die neue Kirche in Penzberg. Steinbauer bedankte sich dafür und unterschrieb den Brief mit den Worten: „Ihr in Jesus Christus getreuer Vikar Steinbauer“.

Noch deutlicher zeigt sich diese Achtung in seinem nächsten Brief an Meiser mit dem Datum „Christfest 1935“.

Am 16.7.1935 hatte Hitler, nachdem Ludwig Müller als Reichsbischof in jeder Hinsicht versagt hatte, den Reichsminister ohne Geschäftsbereich und Leiter der Reichsstelle für Raumordnung, Hanns Kerrl, zum Reichs- und preußischen Minister für kirchliche Angelegenheiten berufen. Er sollte die „Befriedung und Ordnung“ der Kirche herbeiführen. Kerrl berief bald darauf einen sogenannten Kirchenausschuss, der die jeweiligen Kirchenleitungen rundweg ablehnte.

Am 10.11.1935 fand eine Aussprache zwischen Kerrl und Meiser statt, in der der Landesbischof Kerrl davor warnte, in Bayern einen Landeskirchenausschuss zu etablieren. Es ginge der Kirche um die Bekenntnisfrage und um die bleibende Gültigkeit der Zehn Gebote; hierbei könne die Kirche keine Kompromisse mit den Deutschen Christen eingehen. Pfarrer Steinbauer muss von diesem Vorgang erfahren haben, denn in dem o.g. Brief aus Penzberg schrieb er beglückt an den Landesbischof: „Die Nachricht über die Antwort, die Sie, Herr Landesbischof, auf das Verlangen des Herrn Ministers Kerrl gegeben haben, hat mich zu großer, fröhlicher Dankbarkeit gegen den kyrios (Herrn) unserer Kirche erfüllt, dass ich für dieses mein schönstes Weihnachtsgeschenk aufrichtig und von Herzen auch Ihnen, Herr Landesbischof, Dank sagen darf. Kirchlich handeln heißt doch den kyrios handeln lassen. Und das muss der Kirche Parole sein: Der kyrios an die Front!“ Der Schluss des Briefes lautet: „Ich darf Sie, hochwürdiger Herr Landesbischof, grüßen mit der Adventsepistel, die mir durch obige Nachricht erneut lebendig geworden ist: Freuet euch in dem Herrn allewege! Ihr im Herrn Christus treu ergebener Vikar Steinbauer.“

3.) Grundsätzliche Erwägungen

Am 20.6.1936 war Steinbauer im Penzberger Pfarrhaus verhaftet und in das Amtsgerichtsgefängnis Weilheim verbracht worden. Am 25.6. wurde er entlassen, erhielt aber Redeverbot für das gesamte Reichsgebiet und Aufenthaltsverbot für Oberbayern. Die Entlassung aus der Gefängnishaft war offensichtlich den Bemühungen Meisers und des Landeskirchenrats zu verdanken. Denn am 1.7.1936 teilt der Landesbischof der Pfarrbruderschaft Nördlingen mit, „dass es so rasch gelungen ist, die Freilassung des Amtsbruders zu erreichen, ist uns allen ein Anlass des Dankens.“

Die sich daran anschließenden Ausführungen zeigen dann seine und die von der Kirchenleitung vertretene Einstellung zu dem Verhalten Steinbauers und sollten hier wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung wiedergegeben werden. Der Bischof fährt in seinem Schreiben fort:

„Doch ist uns allen klar, dass mit der Freilassung das eigentliche Anliegen, das den Vikar Steinbauer bewegt, nicht erfüllt oder geklärt ist: Es geht hier in der Tat, wie die Pfarrbruderschaft schreibt, nicht nur um ein persönlich-menschliches, sondern um ein kirchliches Anliegen. Gerade deswegen aber sind wir der Meinung, dass nicht ein einzelner Geistlicher von sich aus eine Lösung sollte erzwingen wollen, sondern gemeinsam müssten wir uns besinnen, was von der Kirche gefordert ist und müssten dann gemeinsam handeln. Vikar Steinbauer hat geglaubt, das nicht abwarten zu können. Wir ehren seine Überzeugungstreue und seinen Glaubensmut und bitten zu Gott, dass davon ein Segen auf unsere Kirche ausgehen möge. Was Amtsbruder Steinbauer noch persönlich wird zu tragen haben, danach will er selber nicht fragen. Wir aber wollen uns, sofern es nötig werden sollte, auch sein äußeres Schicksal in tätigem Beistand angelegen sein lassen. Gez. D. Meiser“.

Meiser ist sodann der Ansicht, dass das Predigtverbot für Steinbauer keinesfalls anerkannt werden soll, kann sich aber gegenüber dem Reichskirchenministerium nicht durchsetzen. Die Kirchenleitung fordert den Pfarrer daher in einer Sitzung des Landeskirchenrates, zu der er geladen worden war, auf, sich dem Predigtverbot zu beugen. Steinbauer widersetzt sich diesem Ansinnen mit folgenden Worten: „Ich bin ordinierter Botschafter wie Sie, stehe wie Sie unter dem Predigtbefehl und der Verantwortung dieses Verkündigungsauftrages. Darum liegen die Befehls- und Gehorsamsverhältnisse total anders. Ich kann nur darum bitten, verstehen zu wollen, warum ich unter keinen Umständen es auf mein Gewissen nehmen kann, in dieser so schwierigen und folgenreichen Frage den Präzedenzfall zu schaffen. Es ist mir ein unheimlicher Gedanke, dass dann der und jener sich auf mich berufen und sagen könnte: Der Steinbauer hat dem Folge geleistet, wenn der’s getan hat, können wir’s auch tun. Ich würde damit der Gestapo den Weg frei machen, eine neue Methode einzuführen… unliebsame Pfarrer mundtot zu machen.“ (Blendinger, S. 70)

Am 10.4.1937 legt der Landesbischof schärfste Verwahrung bei der Gestapo gegen eine Ausweisungsverfügung für Steinbauer vom 5.4. ein und schreibt dazu: „Durch die Kirche würde ein Sturm der Entrüstung gehen, wenn man diesen Familienvater ohne Verfahren und rechtliches Gehör mit einer derartig schweren Maßnahme aus dem Lande weist.“ Steinbauer leistet dem Ausweisungsbefehl keine Folge und verbleibt im exponierten Vikariat Penzberg.

Am 2.7.1936 erhält Steinbauer Redeverbot für das gesamte Reichsgebiet und Aufenthaltsverbot für Oberbayern, das aber wieder aufgehoben wird. Meiser beglückwünscht ihn am 19.9.1936 zu der Aufhebung. Kommentar von Steinbauer: „Man könnte manches dazu sagen. Nur dies: Ich finde ihn (den Brief Meisers) in mancher Hinsicht rührend.“

4.) Weitere Konflikte Steinbauers mit Meiser und dem Landeskirchenrat

Der NS-Staat veranstaltete am 1. Mai 1935 eine „Auferstehungsfeier“ zum Gedenken an die am 9. Nov. 1923 bei dem Putsch Hitlers gegen die bayerische Staatsregierung Umgekommenen. Selbstverständlich sollten aus diesem Anlass öffentliche Gebäude beflaggt werden, und auch die Kirchenbehörde hatte diese Anordnung übernommen. Steinbauer lehnte jedoch die Beflaggung seiner Kirche in Penzberg ab. Daraufhin wurde er in den Landeskirchenrat nach München geladen. Meiser stimmte dem Protest Steinbauers nicht zu, denn der Festakt sei „eine durchaus würdige Feier gewesen.“

Am 29.3.1936 fand eine Wahl zum Reichstag statt. Dabei war es zu Unregelmäßigkeiten gekommen, von denen Steinbauer gehört hatte. Er verweigerte das amtlich angeordnete Läuten von Glocken und die Beflaggung seiner Kirche, weil „wir als Christen Betrug nicht mitmachen dürfen. Lügen kann man nur ohne Gott.“ Nach diesem Vorgang wurde Steinbauer abermals zum Gespräch in den Landeskirchenrat geladen. Meiser fragte ihn dabei, ob er nicht „die unerhörte Begeisterung aus den Radioübertragungen“ gehört hätte, gab aber zu erkennen, dass gegebenenfalls das Geläute durch die Kirchen verweigert worden wäre, wenn man von Unkorrektheiten vorher Kenntnis gehabt hätte (Blendiger, S. 59). Steinbauer verweist in diesem Gespräch darauf, dass die Kirche sich durch Läuten und Beflaggen zu diesem Anlass unglaubwürdig gemacht habe. Daraufhin wurde ihm bedeutet: „Die Kirchenleitung allein trägt die Verantwortung und nicht Sie“ und Meiser forderte ihn auf, in Zukunft gehorsam zu sein, worauf Steinbauer antwortete: „Bischof der evangelischen Gemeinde in Penzberg bin ich und nicht Sie“ und er könne sich die Verantwortung von niemandem abnehmen lassen.

Auch der staatlichen Forderung, die (Kirchen-) Gebäude am 1. Mai 1936 zu beflaggen und die Glocken läuten zu lassen, kam Steinbauer nicht nach. Grund dafür war ein Aufruf des Reichsleiters Dr. Ley, der die christliche Verkündigung von Buße und Gnade verhöhnt hatte. Der Landeskirchenrat zollte Steinbauer für seine Haltung Respekt, sprach ihm jedoch eine Abmahnung wegen „Gehorsamsverweigerung gegen die vorgesetzte Behörde“ aus (Blendiger, S. 65). Dennoch relativiert Steinbauer die Weisungsbefugnis von Kirchenbehörden gegenüber dem Auftrag des Ordinierten, Christi Sache öffentlich zu verkündigen: „Grundsätzlich ist der jüngste Vikar in gleicher Weise zum Bischofsamt ordiniert wie der Herr Landesbischof und davon kann und darf sich niemand entbinden lassen.“ Am meisten aber bewegt ihn der Schmerz, „dass ich ohne, ja wider mein Kirchenregiment gehen soll…“ (Steinbauer, Bd. II, S. 31).

Neuer Anlass zum Konflikt: Die Eidesleistung der bayerischen evangelischen Pfarrer auf Hitler. Nach dem Tod Hindenburgs 1934 setzte die Bewegung der Deutschen Christen auf einer Nationalsynode den Erlass eines Kirchengesetzes durch, das die Vereidigung der evangelischen Pfarrer auf Hitler verfügte. Es kam jedoch nicht zur Durchführung, weil die Bekennende Kirche, zu der auch die bayerische Landeskirche gehörte, das Gesetz ablehnte. Nach der Annektierung Österreichs am 13.3.1938 veranlassten einige von den Deutschen Christen geprägte Landeskirchen, dem Beispiel der österreichischen evangelischen Kirchenleitung folgend, die Vereidigung der Pfarrer auf Hitler. Erneut stand die Bekennende Kirche vor der Frage, ob sie sich durch die Ablehnung eines solchen Gesetzes nicht den Vorwurf der nationalen Unzuverlässigkeit zuzöge. Um diesem Vorhalt zu begegnen, fasste Landesbischof Meiser mit der bayerischen Kirchenleitung die Ableistung des Treueides ins Auge. Dass er mit der Einschätzung der kirchlichen Lage im Recht war, beweist ein Flugblatt, das die Deutschen Christen Bayerns herausgegeben hatten und das hier im Abdruck wiedergegeben wird:

Deutsche Christen,         Bayreuth, den 4. Mai 1938

Nationalkirchliche Einung
An unsere Mitglieder

Landesgemeinde Bayr. Ostmark
(Weitergeben!)

Der neueste Hochverrat in der Bayrischen Kirche!!!!!!
Jeder Deutsche erkannte die Bedeutung des geschichtlichen Ereignisses, das das ganze Volk am 10. April bestätigte durch ein überwältigendes Bekenntnis zum deutschen Österreich und zum Großdeutschen Reich.

Nur Verbrecher und Landesverräter konnten an diesem Tag des 10. April ihre Stimme unserem Führer Adolf Hitler versagen. Als ein solcher Verräter hat sich auch ein führender Mann in der bayr. Kirche entlarvt.

Herr Oberkirchenrat Kreisdekan Kern in Ansbach hat am 10. April mit seiner Familie teils mit ungültig teils mit n e i n gestimmt.

Solche Männer regieren in der bayr. Kirche. Solche Männer sind die engsten Mitarbeiter des Landesbischofs Meiser.

Deutsches Volk, wie lange willst du noch ein solches landesverräterisches Kirchenregiment dulden? Nicht das Christentum ist in Gefahr, sondern der Staat, das Reich und Volk, so lange solche Volksfeinde im geistlichen Gewand die Kirche führen.

Macht endlich die Augen auf und erkennt die falschen Seelenführer und seht, wie faul und morsch und entartet das ganze Kirchensystem der Bekenntnisfront ist.

Wir deutschen Christen ruhen nicht, bis die Kirche von solchen Verirrungen und Entartungen restlos befreit ist.

Kämpft für eine grundlegende Erneuerung der Kirche aus dem wahren Geist Christi. Die im Volk dient an der Herzensgemeinschaft der Deutschen, als echte deutsche christliche Kirche der Nation.

Heil Hitler!
Gez. Adolf Daum

Meiser begegnete den Gewissensbedenken der Pfarrer mit den Worten:

„Verehrte Herren und Brüder, Sie dürfen doch wirklich überzeugt sein, dass der Landeskirchenrat nichts Unpsychologisches von Ihnen verlangen wird.“

Steinbauer darauf:

„Ich lasse mich nicht mit Psychologie traktieren, wo es um Theologie geht“ (Blendinger, S. 93).

 

Am 18.5.1938 erließ Meiser das besagte Gesetz, das die Pfarrer zum Treueid auf Hitler verpflichtete. In einem Hirtenbrief vom 20.6.1938 an alle aktiven Geistlichen der bayerischen Landeskirche begründete er die Forderung der Eidesleistung mit folgenden Argumenten:

1. Nach seiner Meinung sei eine gewisse Erwartung des Staates vorhanden gewesen und eine Unterlassung des Eides würde bestimmte Folgen haben.

2. Der Eid soll unter Anrufung Gottes erfolgen und dadurch sei ein Tun ausgeschlossen, das „wider das in der Hl. Schrift bezeugte Gebot Gottes“ ist.

3. Durch den Eid würde das Ordinationsgelübde nicht berührt.

4. Ein Missbrauch des Eides zu kirchenpolitischen Zwecken sei ausgeschlossen.

5. Der Eid solle von den Geistlichen als den Vertretern eines öffentlichen Amtes geleistet werden. Seine Notwendigkeit sei „ein Tribut, den wir dafür zu zahlen haben, dass wir in einer Welt der Sünde und der Unwahrhaftigkeit leben“.

6. Der Eid werde aufgrund der in § 174 des deutschen Beamtengesetzes den öffentlichen religiösen Gemeinschaften erteilten Ermächtigung geleistet, der Treueid solle nur den aktiven Geistlichen abverlangt werden

(Mildenberger-Seitz: Aspekte zum Kirchenkampf, „Gott mehr gehorchen“,
Kolloquium zum 80. Geburtstag von Karl Steinbauer)

Konsequenterweise hat Steinbauer diesen Vorgang nicht widerspruchslos hingenommen. Am 23.6.1938 schreibt er an Meiser einen Brief, der am 6.7.1938 fortgesetzt wird, in dem alte Wunden wieder aufbrechen. Dieses Schreiben und die Antwort Meisers vom 28.7.1938 bilden gewissermaßen den geistlichen Höhepunkt in der Auseinandersetzung zwischen den beiden Kirchenmännern.

Hier wird besonders deutlich, dass Steinbauer in seiner Beziehung zu Meiser zwischen Person und Sache sehr wohl zu trennen weiß. Er möchte seinen Bischof stärken und schickt ihm den Nachdruck von Luthers Briefen aus der Veste Coburg an seine Freunde, die 1530 auf dem Reichstag zu Augsburg die Sache der Reformation zu vertreten haben. Steinbauer sagt hier: „Er (Luther) schreibt seinen verzagten, von Sorgen bedrängten und verwirrten Freunden, vergesst nicht: Der Herr Christus ist für unsere Sünden gestorben! Der Herr Christus ist auferstanden! Der Herr Christus sitzt zur Rechten Gottes des allmächtigen Vaters! Der Herr Christus kommt wieder in Herrlichkeit! – Anderes habe ich nichts aus dieser Einsamkeit zu schreiben.“

Dann erinnert Steinbauer den Bischof an das Wort, das er ihm nach dem Eklat bei der Pfarrerversammlung am 1. Februar 1934 zum Abschluss gesagt hatte: „Was Sie sagen, Herr Kollege, ist theoretisch alles sehr fein. Aber wir müssen mit den gegebenen Tatsachen rechnen.“ Steinbauer sieht dies als ein „Absehen“ von Christus, dem Auferstandenen, und theologisches Theoretisieren an. Er verweist auf Christus als eine „gegebene Tatsache“. Was diesen Brief freilich von allen anderen unterscheidet, ist die Bitte an den Bischof, ihm zu verzeihen, wenn er das, was er „zur Ehre unseres Herrn Jesus Christus“ gesagt haben wollte, „mitunter nicht in manierlicher Form zu sagen verstanden“ habe. Aber er fügt hinzu, dass er sich in der Sache nicht entschuldigt, weil er aus dem „lebendigen, erhöhten Herrn Christus kein unverbindliches Christentum machen“ lässt und schließt den Brief mit der Versicherung täglicher Fürbitte.

Am 28.7.1938 akzeptiert Meiser Steinbauers Entschuldigung und teilt ihm mit, wie „weh“ ihm diese „unmanierliche Form“ oft getan habe. Seine Bitterkeit darüber habe er nur überwinden können in der „Überzeugung, dass Sie es mit Ihren Ausführungen immer ehrlich und ernst meinten“. Danach öffnet der Bischof dem Pfarrer, der ihn so verletzt hat, sein Herz und räumt ein: „Dass dieses kirchliche Handeln in unseren Tagen aus Ängstlichkeit erfolgt und dadurch zum Fehlhandeln wird, empfinde ich mit Ihnen schmerzlich genug, und dass mehr Sieghaftigkeit des Glaubens unserem Handeln oft eine ganz andere Richtung und einen ganz anderen Nachdruck verliehe, weiß ich wohl“. Dem Zweifel Steinbauers an seiner Glaubensfestigkeit begegnet Meiser mit dem Hinweis: „Es gibt genug Entscheidungen, die wie Mangel an Glauben aussehen und es doch nicht sind.“ Er verweist auf die Frage Jesu Christi an die Jünger: „Ihr Kleingläubigen, was seid ihr so furchtsam?“ und warnt vor einer kirchlichen Aktivität, die dem Wirken des Heiligen Geistes keinen Raum lassen will. Auch tritt er dafür ein, dass „wir einander auch zu schonen haben, um nicht in falscher Weise gegenseitig zu Richtern unseres Glaubens zu werden.“

In diesem Briefwechsel wird die Ursache der gesamten Differenzen zwischen den beiden Männern sichtbar. Beide sind von der gleichen Verantwortung für die Kirche Jesu Christi erfüllt, befinden sich aber in je verschiedenen Positionen. Meiser gibt Steinbauer in der Sache Recht, aber nicht in der Methode, wie der Auftrag der Kirche in einer so schwierigen Situation erfüllt werden kann. Steinbauer tritt für ein direktes Bekennen ein und ist bereit, Folgen jeder Art auf sich zu nehmen, was er bei den vielen Strafmaßnahmen, die ihm zuteil wurden, auch bewiesen hat. Meiser ist in der Leitung einer Kirche für ihr gesamtes Wohl und Wehe verantwortlich und daher müssen nach seiner Meinung gerade zur Erhaltung dieser Kirche samt der Verkündigungsmöglichkeit manchmal Wege gegangen werden, die nach ungläubigem Versagen aussehen, aber dennoch das Ziel, nämlich den Auftrag ihres Herrn auszurichten, im Auge haben. Es drängt sich der Vergleich mit einem Kapitän auf, der sein Schiff durch ein klippenreiches Seegebiet zu führen hat. Auch er ist immer wieder gezwungen, um die Felsen herumzufahren, zu „lavieren“, wenn er sein Schiff unbeschädigt erhalten und dennoch den vorgegebenen Kurs einhalten will. Steinbauer war in diesem Kirchenkampf an einer Stelle der Front, Meiser an einer anderen.

5.) Auseinandersetzung um eine Gebetsliturgie

Zu einer weiteren tiefgreifenden Auseinandersetzung mit seinem Landesbischof sieht Steinbauer sich durch gravierende Vorgänge in Kirche und Staat während der Herbstmonate 1938 gezwungen. Was war geschehen? Nach der „Eingliederung“ Österreichs im März 1938 wollte Hitler als nächstes an Deutschland angrenzendes Gebiet das in der Tschechoslowakei gelegene, damals überwiegend von Deutschen bewohnte „Sudetenland“ annektieren. Dies konnte – dank des Münchner Abkommens – zwar noch ohne militärische Auseinandersetzung durchgeführt werden, jedoch machte sich eine in Deutschland und dem übrigen Europa nicht zu überhörende Angst vor einem bevorstehenden Krieg bemerkbar. Die damalige Vorläufige Kirchenleitung der evangelischen Kirche in Deutschland sah sich veranlasst, am 27.9. den Entwurf eines Gebetsgottesdienstes für den Frieden zu veröffentlichen. In ihm wird nachdrücklich zur Buße für „die Sünden“ unseres Volkes, in dem „viel Unrecht geschehen“ sei, aufgerufen. Gott wird um Verschonung vor einem etwa bevorstehenden Krieg angerufen, der als Strafe und Gericht angesehen wird. Ferner wird der jungen Menschen gedacht, die in den Krieg ziehen werden, sowie auch derer, „die in Versuchung stehen, grausame Rache zu üben und vom Hass überwältigt zu werden“. Daraufhin forderte der Reichsinnenminister Kerrl von den lutherischen Bischöfen die Verurteilung dieser Liturgie. Nach anfänglichem Widerstand fanden die Kirchenvertreter sich dazu bereit. Auch sie lehnten die „Kriegsliturgie“ ab.

Tief entrüstet über diese Haltung schreibt Steinbauer am 19.12.1938 einen Brief mit schwersten Vorwürfen an Meiser. Dabei spricht er zu ihm als Bruder zum Bruder. Nicht zu verkennen ist seine Absicht, den „Bruder in Christo“ wieder auf den rechten Weg zu führen. Wie so oft sieht Steinbauer bei Meiser ein taktisches Verhalten: Er habe die Verfasser der Liturgie verleugnet, dem Reichsminister Kerrl die Verkündung des auferstandenen Christus nicht gegönnt. Hier taucht ein Wort auf, das zur Grundposition Steinbauers gehört: Die Kirche hat einer, wie auch immer gearteten Mitwelt das Zeugnis von dem auferstandenen Herrn zu gönnen. Er hält seinem Bischof vor, dieser bilde sich ein, für die Erhaltung und den Bestand der Kirche allein Verantwortung zu tragen und sagt ihm voraus, dass er „den vielfältigen Unglauben“ und den Verrat am Bekenntnis noch selber „wird auszukosten haben“. Er schließt mit dem Aufruf, dass der Bischof Buße tun und seine Unterschrift unter der Ablehnung der „Kriegsliturgie“ zurückziehen möge. Letzter Satz des Briefes: „Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht fürbittend Ihrer gedenkt, Ihr im Herrn Christus getreuer (gez.) Karl Steinbauer.“

Meiser hat darauf nicht reagiert.

Kerrl verfügte am 10.11.1938 gegen die Mitglieder der Vorläufigen Kirchenleitung wegen der Gebetsliturgie eine Gehaltssperre und die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens. In der Presse wurde die Liturgie als Volks- und Staatsverrat bezeichnet. Kurz darauf gab der Landeskirchenrat in München in einem Rundschreiben an die bayerischen Dekanate bekannt, dass die Bischöfe die Persönlichkeiten der Vorläufigen Kirchenleitung, die für den Entwurf des Gebetsgottesdienstes Verantwortung tragen, ausdrücklich in Schutz genommen haben und sich den Verfassern brüderlich verbunden wissen.

6.) Steinbauer kommt ins Konzentrationslager Sachsenhausen

Am 8.1.1939 predigt Steinbauer in Ay-Senden bei Neu-Ulm über den Kindermord von Bethlehem durch Herodes nach dem zweiten Kapitel des Matthäusevangeliums. Dabei vergleicht er die Ereignisse von damals mit dem „gegenwärtigen Mord an den Seelen der Jugend durch die Verweigerung des Christuszeugnisses an den Schulen“. Acht Tage später wird er in seinem Pfarrhaus überfallen und von der Polizei in das Gefängnis von Neu-Ulm gebracht. Gemeindeglieder der verwaisten Gemeinde Penzberg reisten nach München und suchten Rat und Hilfe bei Landesbischof Meiser und dem Vizepräsident der Landeskirche, Oberkirchenrat Dr. Meinzolt, um die bevorstehende Verbringung Steinbauers in das KZ Sachsenhausen zu verhindern. Von der NSDAP war Steinbauer bedeutet worden, entweder auf sein Pfarramt zu verzichten oder die Einbringung ins KZ zu erwarten. Frau Steinbauer berichtet über die Aussprache, die sie mit den Gemeindegliedern von Penzberg bei Meiser hatte:

„Beim Bischofsgespräch beteuerte der Bischof selbst die Schwierigkeit der Entscheidung, machte auf die Folgen aufmerksam für Familie, Eltern und gab Bedenkzeit. Nach wenigen Stunden kamen wir nochmals ins Gespräch im Landeskirchenrat, wieder mit dem Bischof. Ich sagte: ‚Auf den Preis, den die Partei fordert, können wir niemals eingehen, denn man könnte ja sonst mit allen Pfarrern so verfahren.‘ Darauf entgegnete Bischof Meiser: ‚Dann müssen Sie eben auf alles gefasst sein!‘ (Blendinger, S. 105)

Steinbauer wurde am 27.3.1939 in das KZ Sachsenhausen verbracht, aus dem er am 22.12.1939 entlassen wird.

7.) Nach 1945

Auch nach dem Kriegsende gab es zwischen dem Landeskirchenrat und Steinbauer Reibungspunkte. Die Kirchenleitung hatte ihm die Pfarrstelle Lehengütingen/Mfr. übertragen und Oberkirchenrat Kern, der zuständige Kreisdekan, gratulierte ihm dazu, nicht ohne den Hinweis, dass er damit „in den Genuss einer Ausnahme“ gekommen sei. Ein weiterer Stein des Anstoßes für Steinbauer in diesem Schreiben war die Bitte von Kern, der Versuchung, „weitreichende Kirchenpolitik zu treiben“ zu widerstehen. Dieser Brief veranlasste Steinbauer am 27.3.1946 an den „im Herrn Christus geliebten Landesbischof“ zu schreiben. Kern hatte ihn außerdem gebeten, sich „fleißig“ in Schrift und Bekenntnis zu vertiefen, und Steinbauer fragt, wieso gerade er zu dieser Mahnung Anlass gegeben haben sollte. Noch mehr aber nimmt er Anstoß an der Bitte, der Versuchung „weitreichende Kirchenpolitik“ zu betreiben, zu widerstehen. Er lehnt dies ab mit der Bemerkung, dass er aus seiner theologischen Arbeit auch Konsequenzen ziehen wolle. Das Schreiben des Oberkirchenrats führt ihn zu einer Abhandlung über die Frage des Gehorsams gegenüber der kirchlichen Obrigkeit und der Kompetenzverteilung zwischen ihr und dem einzelnen Pfarrer. Dieses Gegenüber ebnet sich ihm ein in der Forderung nach der gegenseitigen „consolatio fratrum“ (= dem brüderlichen Beistand), die beide einander schuldig seien. Erneut taucht der Gedanke einer allumfassenden Mitverantwortlichkeit jedes ordinierten „Hirten Jesu Christi“ für die Gemeinde auf. Im Bewusstsein dieser Verantwortlichkeit wird er sich auch nicht zurückhalten können, wenn es die Sache erfordert. Dies auch im Blick auf die Tatsache, dass er von der Liste der für die bevorstehende Wahl zur Landessynode vorgesehenen Anwärter offensichtlich gestrichen wurde, für ihn ein Anzeichen dafür, dass „alles beim Alten bleiben“ soll. Schließlich versichert er den Landesbischof erneut seiner Fürbitte und bittet ihn um die Möglichkeit einer gelegentlichen Aussprache anlässlich eines Sprechtages in Ansbach.

8.) Letztes Ringen um Gemeinsamkeit

Einer der letzten Briefe Steinbauers an Meiser zeigt noch einmal in aller Deutlichkeit die Kluft zwischen den beiden Kirchenmännern. Steinbauer erinnert den Bischof an eine Aussprache, die er mit ihm nach dem Krieg gehabt hatte. In ihr gab Meiser nach den Aufzeichnungen Steinbauers wörtlich zu: „Wir hätten in vergangener Zeit viel mehr wagen müssen, wir hätten es auch gekonnt, wie die Entwicklung gezeigt hat.“ Und weiter: „Die Geschichte bleibt immer ein kontingentes Geschehen.“ An beiden Sätzen nimmt Steinbauer vehementen Anstoß. Es fragt sich aber, ob Steinbauer diese Äußerungen so verstanden hat, wie sie gemeint waren. Im ersten zitierten Satz liegt wohl schon ein Schuldbekenntnis, verbunden mit der Einsicht, dass er, der Bischof, im Widerstand mehr hätte wagen können. Im zweiten zitierten Satz scheint Steinbauer Meiser ein unbiblisches Geschichtsverständnis zu unterstellen, indem er den Satz konfrontiert mit der Aussage des auferstandenen Christus: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Eine ihm zu Ohren gekommene Rücktrittsabsicht Meisers von seinem Bischofsamt bewertet Steinbauer als „billige, weltlich politische Ausflucht“ anstatt der von ihm geforderten Umkehr. Aber wäre ein Rücktritt nicht auch ein Eingeständnis von Schuld gewesen?

Auch im letzten Brief erinnert Steinbauer den Landesbischof daran, dass er „in langen Jahren immer wieder“ um ihn und mit ihm „wie ein Bruder in Christo gerungen“ habe und verweist darauf, dass Meiser ihm „immer wieder theologisch – das heißt hier leider theoretisch – Recht gegeben“ habe und schließt mit der „brüderlichen Bitte“, in Zukunft einen gemeinsamen Weg zu finden.

9.) Schlussbemerkung

Eine zusammenfassende sachgemäße und personengerechte Betrachtung der Beziehungen zwischen Meiser und Steinbauer unterliegt wegen der Dialektik dieses Verhältnisses nicht geringen Schwierigkeiten. Ursache dafür ist eine Reihe von gravierenden Unterschieden und Gegensätzen. Dies beginnt bei der Ungleichheit der Generationen, der beide angehörten (Meiser ist 1881 geboren, Steinbauer 1906), was einen divergierenden Erlebnis- und Erfahrungshintergrund bedeutet, und setzt sich fort in der verschiedenen theologischen Herkunft: Meiser ist überzeugter Lutheraner, Steinbauer ist von der Theologie Karl Barths geprägt (was sich besonders in der Auffassung der Funktionen von Staat und Kirche auswirkt), sowie in der Unterschiedlichkeit der Charaktere: Steinbauer ist kompromissloser Kämpfer, der ohne Rücksicht auf die für sich, seine Familie oder Kirche oder Gemeinde zukommenden Folgen protestiert, Meiser geht im Widerstand bedächtiger vor und fragt nach den Konsequenzen seiner kirchenpolitischen Entscheidungen. Steinbauer ignoriert die Befugnis seines Bischofs zu dienstlichen Anweisungen in Kirchenkampfsituationen, Meiser vertritt mit dem Landeskirchenrat die Auffassung, dass sich ein Pfarrer der Landeskirche um der Gemeinschaft willen den Anordnungen seiner Kirchenleitung zu fügen hat, denn individuelle Maßnahmen können ohne Absprache, auch wenn sie noch so berechtigt erscheinen, den Zusammenhalt und die Einheit der Kirche gefährden. Steinbauer versteht sich kraft seiner Ordination als ein mit seelsorgerlicher Verantwortung betrauter Bischof seiner Gemeinde, Meiser sieht sich als Landesbischof in leitender Funktion, der, ebenfalls aus geistlicher Verantwortung heraus, um den Schutz der ganzen Landeskirche bemüht ist, weshalb es für ihn besonders erschwerend ist, dass sich die gesamten Auseinandersetzungen mit Steinbauer im Gegensatz zu den Kontroversen mit Niemöller oder von Pechmann innerhalb eines Dienstverhältnisses vollziehen.